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Methoden transdisziplinärer Forschung
Angesichts dringender komplexer Herausforderungen (Grand Challenges) wird das Missverhältnis zwischen gesellschaftlichen Problemen und existierenden Formen der Wissenserzeugung sichtbar. Das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Wissenschaft gerät zunehmend in den Mittelpunkt wissenschaftstheoretischer und forschungspraktischer Auseinandersetzungen.
Um komplexe Herausforderungen, wie den Klimawandel oder die gesellschaftliche Transformation in Richtung Nachhaltigkeit, adressieren zu können, benötigen wir Wissen, das ein zielgerichtetes und wirkungsvolles Handeln in der Praxis ermöglicht. Wir müssen die Problemsituationen in verschiedenen Handlungsfeldern genau verstehen (Systemwissen), beschreiben, wie wünschenswerte Veränderungen in diesen Feldern aussehen könnten (Zielwissen) sowie Wissen dazu erarbeiten, mit welchen Strategien die erwünschten Veränderungen angestoßen und verstärkt werden können (Transformationswissen).
In den letzten Jahrzehnten ist immer deutlicher geworden, dass tradierte disziplinäre Formen der Wissenserzeugung diesen Anforderungen nicht gerecht werden. Einzelne Disziplinen können auf die wachsende Komplexität der lebensweltlichen Probleme keine umfassenden Antworten geben. Auch interdisziplinäre Unternehmungen stoßen an ihre Grenzen bei Problemen, bei denen für unterschiedliche Stakeholder viel auf dem Spiel steht, die ethische Fragen aufwerfen und die durch systemische Unsicherheiten gekennzeichnet sind.
Seit Anfang der 1990er Jahre werden neue Ansätze der Wissenserzeugung erprobt, die ermöglichen möchten, einen Beitrag zur Lösung komplexer gesellschaftlicher Probleme zu leisten. „Science for the postnormal age“ (Funtowicz und Ravetz, 1994) oder Mode2-Science (Gibbons et. al, 1994) sind zwei der prominentesten Beispiele. Ein im deutschsprachigen Wissenschaftsraum weit verbreitetes Konzept ist die Transdisziplinarität, die etwa seit der Jahrtausendwende in einer wachsenden Community systematisch weiterentwickelt und praktiziert wird. Kern dieses Forschungsprinzips sind das wechselseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft über gesellschaftlich relevante Probleme sowie die Integration von verschiedenen Wissensformen. Interdisziplinäre Teams von Wissenschaftler*innen arbeiten mit außerwissenschaftlichen Akteuren wie Unternehmen, NGOs oder staatliche Einrichtungen in ko-kreativen Prozessen zusammen, um umsetzbare Lösungsansätze gemeinschaftlich zu erarbeiten. In den vergangenen zwei Jahrzehnten konsolidierten sich die theoretischen Grundlagen von Transdisziplinarität; Methoden und Qualitätsmerkmale wurden entwickelt. Die transdisziplinäre Gemeinschaft widmet sich zunehmend der Frage, wie dieser Forschungsansatz dauerhafte gesellschaftliche Wirkungen hervorrufen kann und wie diese analytisch differenziert betrachtet und erfasst werden können.
Der Querschnittsbereich Methoden transdisziplinärer Forschung erforscht die theoretischen Grundlagen wirkungsvoller transdisziplinärer Forschung und erprobt Methoden der Wirkungs-orientierung sowie der formativen, prozessorientierten Evaluation als Teil größerer Verbundvorhaben (InnoStrat, BioVal). Von der Methodenkompetenz des Querschnittsbereichs profitieren die mehrheitlich transdisziplinär ausgerichteten Projekte des ZTG.
Durch übergeordnete Projekte, die empirische Forschung über die Vorgehensweisen transdisziplinärer Projekte durchführen (TransImpact, tdAcademy mit der tdAcademy-Plattform), ist das ZTG in die relevanten nationalen und internationalen Netzwerke und Diskurse in diesem Themenfeld eingebunden. Außerdem besteht ein enger Austausch mit der Stabsstelle Science and Society des Präsidiums der TU Berlin.
Ausgewählte Publikationen aus dem Bereich
- Nagy, E., Schäfer M. (2022): How to systematically design transdisciplinary project evaluation. In: Integration and Implementation Insights - A community blog providing research resources for understanding and acting on complex real-world problems (Web Blog). February 8, 2022. Available: i2insights.org/2022/02/08/evaluating-transdisciplinarity/. accessed: 14.02.2022.
- Schäfer, M., Lux, A. (2020): Transdisziplinäre Forschung wirkungsvoll gestalten. In: Ökologisches Wirtschaften 1.2020 (35), S.43-50.
- Grunwald, A., Schäfer, M. & Bergmann, M. (2020): Neue Formate transdisziplinärer Forschung: Ausdifferenzierte Brücken zwischen Wissenschaft und Praxis. In: The Transdisciplinary Journal, GAiA 2, 2020, S. 106 - 114, oekom Verlag.
- Nagy, E., Ransiek, A.-C., Schäfer, M., Lux, A., Bergmann, M., Jahn, T., Marg, O., Theiler, L. (2019): Transfer as reciprocal process: How to foster receptivity for results of transdisciplinary research. In: Environmental Science & Policy, Volume 104, February 2020, Pages 148-160
- Lux, A., Schäfer, M., Bergmann, M., Jahn, T., Marg, O., Nagy, E., Ransiek, A.C., Theiler, L. (2019): Societal effects of transdisciplinary sustainability research – how can they be strengthened during the research process? In: Environmental Science and Policy, Volume 103, 183-191.
- Jaeger-Erben, M., Nagy, E., Schäfer, M., Süßbauer, E., Zscheischler, J. (2018): Von der Programmatik zur Praxis – Plädoyer für eine Grounded Theory transformationsorientierter Forschung. In: GAIA – Ecological Perspectives for Science and Society. 27/1. 117-121.
- Schäfer, M. (2013): Inter- und transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung – Innovation durch Integration? In: Rückert-John, J. (Hrsg.) (2013): Soziale Innovation und Nachhaltigkeit. Wiesbaden: Springer, S. 171-194
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